Mittwoch, 28. November 2012

Ferdinand von Schirach: Verbrechen

Bewertung: *****

Ferdinand von Schirach ist als Anwalt tätig. Durch seine Spezialisierung auf Strafrecht, erlebt er täglich welche Fälle hinter den echten Verbrechen stehen.
Wertfrei schildert er hier diese Geschichten. Dabei sind die Klienten bei weitem nicht immer unschuldig, doch ihre Fälle sind so ungewöhnlich, dass sie aus dem Gerichtsalltag heraus ragen. Es sind vor allem persönliche Schicksale, die hier im Vordergrund stehen. Der Autor schildert dies aus der Perspektive des Anwalts, mal sind es seine Klienten, mal ist es jemand der sich ihm anvertraut hat. Doch alle diese Personen haben eins gemeinsam: eine außergewöhnliches Geschichte die erzählt werden sollte.

"Verbrechen" von Ferdinand von Schirach hat mir sehr gut gefallen. In der Form einer Sammlung von Kurzgeschichten oder eines Episodenromans hat der Autor hier außergewöhnliche Geschichten zusammengetragen, die alle in Verbindung zu einem Verbrechen stehen. Dabei steht jedoch nicht das Verbrechen an sich im Vordergrund, sondern die Menschen, ihre Beweggründe oder ihre Lebensgeschichte.
Besonders gefallen hat mir dabei, dass Herr von Schirach immer sachlich bleibt und auf Effekthascherei verzichtet. Juristische Abläufe oder Begriffe werden kurz erläutert, so dass auch das Verhalten des Anwalts verständlich ist.
Trotz der Sachlichkeit des Autors gelang es mir nicht immer die Distanz zu den Geschichten und ihren Figuren zu wahren. Einige der Schicksale sind einfach zu bewegend und das Wissen, dass es sich hier um authentische Fälle handelt, führt noch mehr dazu die Geschichten an sich heran zu lassen.
Nicht bei allen Fällen handelt es sich um Verbrechen und Personen, die man mit einem Strafverteidiger in Verbindung bringt. Manchmal ist es auch wirklich nur eine Geschichte, die Ferdinand von Schirach von Klienten erzählt wurde oder der Autor konnte seiner Tätigkeit als Anwalt in diesem Fall nicht weiter nachgehen. Eine Wertung der Ereignisse wird dem Leser überlassen. Der Autor nimmt sich lediglich das Recht heraus, die Frage nach dem Sinn einer Bestrafung in den Raum zu stellen und so bleibt auch im Nachhinein noch genug Material um darüber zu grübeln.
Ganz deutlich hat mir dieses Buch gezeigt, auf welcher Gradwanderung man sich als Anwalt für Strafrecht befindet. Das wäre ganz sicher kein Beruf für mich.
Insgesamt bietet "Verbrechen" für den Laien einen interessanten Einblick in die kuriosen Fälle eines Anwalts, wobei jedoch jedem Leser klar sein sollte, dass diese nicht die Regelfälle sind, die einem vor deutschen Gerichten begegnen. Leider ist das Buch sehr dünn, so dass es nur ein kurzes Lesevergnügen bot.


Und hier kann man das Buch kaufen: Ferdinand von Schirach: Verbrechen

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